Die Vorgeschichte: Ein Call of Duty-YouTuber soll Fastpasses kopiert und verteilt haben. Die Fastpasses erlauben es auf der Gamescom an der Warteschlange vorbeizugehen und direkt die Spiele zu spielen. Da der YouTuber aber nur eine bestimmte Anzahl bekam, kopierte er die Pässe einfach und nutzten diese selbst. Zusätzlich soll er die Pässe unter Freunden verteilt haben, im Raum steht sogar der Vorwurf diese verkauft zu haben. Kurzfristig hatte Activision ihm daher die YouTube-Lizenz entzogen, sie aber wohl wieder eingeräumt. Interessant ist hier jedoch die strafrechtliche Seite.
I.
Urkundenfälschung
267 StGB stellt die Urkundenfälschung unter Strafe und droht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe an.
Die Fastpasses werden unproblematisch Urkunden sein. Urkunden sind verkörperte Gedankenerklärungen, die im Rechtsgeschäft für den Beweis geeignet und bestimmt sind und den Aussteller erkennen lassen. Die Passes sind in Papierform verkörpert. Sie dienen als Beweis, dass man noch das Recht hat an der Reihe vorbeizugehen und Activision ist als Aussteller zu erkennen.
Mit dem Kopieren könnte eine unechte Urkunde hergestellt worden sein. Unecht ist eine Urkunde dann, wenn der zu erkennende Aussteller sich nicht diesen Inhalt zurechnen lassen möchte. Und jetzt wird es ein wenig spitzfindig.
Das reine Kopieren einer Urkunde ist nicht die Herstellung einer unechten Urkunde, denn eine Fotokopie fällt bei genauer Betrachtung gar nicht unter den obigen Urkundenbegriff. Eine Urkunde muss nämlich den Aussteller zu erkennen geben. Von der Fotokopie ist der Aussteller derjenige der den Fotokopierer bedient hat (und nicht Activision), dieser ist aber nicht erkennbar. Daher würde schon keine Urkunde vorliegen.
Die Rechtsprechung macht hier aber eine Ausnahme. Wenn die Reproduktion nach außen als Original erscheinen soll, wird ausnahmsweise doch von einer Urkunde ausgegangen. Dieser Fall kann hier wohl angenommen werden. Es sollten ja gerade die Mitarbeiter am Stand glauben, dass es sich um einen Originalpass handelt.
Daher liegt eine Urkundenfälschung in Form der Herstellung einer unechten Urkunde vor. Zusätzlich liegt auch noch der Gebrauch einer unechten Urkunde vor.
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II.
Betrug zu Lasten Activision oder der Spieler
Neben der Urkundenfälschung kann auch noch ein Betrug vorliegen. Der Betrug verlangt die Täuschung über Tatsachen. Durch die Täuschung muss ein Irrtum erregt werden. Aufgrund des Irrtums muss eine Vermögensverfügung getätigt werden und durch die Vermögensverfügung muss ein Vermögensschaden entstanden sein.
Täuschung und Irrtum liegen unproblematisch durch das Vorlegen der gefälschten Pässe vor. Die Frage ist jedoch, ob auch über das Vermögen verfügt wurde. Eine Vermögensverfügung ist jedes Handeln, Dulden oder Unterlassen, welches unmittelbar vermögensmindernd wirkt.
Hier wird es sehr schwer auf der Seite von Activision eine Vermögensrelevanz zu bejahen. Für das Vermögen von Activision wird es relativ egal sein, ob YouTuber X nun 5-mal das Spiel spielt oder 10-mal. Am Ende des Tages werden sie X-Stunden den Stand angeboten haben. YouTuber X sorgt nicht für Mehrarbeit bei Activision, sondern lediglich, dass andere Besucher nicht spielen können.
Man könnte darüber nachdenken, dass Activision ein Schaden dadurch entsteht, dass andere Leute an dem Tag nicht spielen konnten und daher möglicherweise das Spiel nicht kaufen. Das ist aber sehr weit hergeholt und wird kaum beweisbar sein.
Ein Vermögensschaden könnte aber den Leuten in der Schlange entstanden sein, die am Ende nicht mehr dran kamen. Dazu müsste aber die Position in der Schlange irgendein Vermögenswert sein. Das ist aber noch nicht der Fall. Eine Warteposition in einer Schlange um ein Computerspiel zu spielen ist an sich noch nichts Vermögensrelevantes. Selbst wenn man dies trotzdem annehmen würde (was tatsächlich zum Beispiel der Fall in einer Schlange vor dem Apple Store sein könnte), hat man das Problem, dass ja die Mitarbeiter von Activision die Vermögenverfügung tätigen, der Schaden aber bei den Spielern entsteht. Ohne hier zu sehr ins Detail des Dreieckbetrugs zu gehen: Dazu müsste Activision irgendwie dazu ermächtigt sein über das Vermögen der Spieler verfügen zu dürfen. Das ist hier nicht der Fall.
Ein Betrug zu Lasten Activision oder der Spieler liegt nicht vor
III.
Betrug zu Lasten der Käufer
Sofern Geld für die Fastpasses bei der Weitergabe verlangt wurde, könnte aber ein Betrug zu Lasten der Käufer vorliegen. Getäuscht werden sie jedoch natürlich nur dann, wenn ihnen vorher nicht gesagt wird, dass es nur Kopien sind.
Im Falle des Verkaufes von Fastpasses ohne Hinweis auf die Unechtheit, liegt dann aber tatsächlich ein Betrug nach § 263 StGB vor, der ebenfalls mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe bestraft wird
IV.
Erschleichung von Leistungen
In § 265a StGB wird das typische „Schwarzfahren“ mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe bestraft. Offiziell heißt es „Erschleichung von Leistungen“ und ist nicht auf Verkehrsmittel beschränkt. Auch das Reinschmuggeln in ein Schwimmbad oder in ein Kino kann den Straftatbestand erfüllen.
Es muss jedoch in der Absicht erfolgen ein Entgelt nicht zu errichten. Das Spielen von Call of Duty war aber ja für alle Personen entgeltfrei. Daher scheitert es bereits daran. Zusätzlich kann man darüber streiten, ob ein einzelner Stand auf der Messe überhaupt eine eigene „Veranstaltung“ ist oder nur einen Teilbereich einer Veranstaltung darstellt.
Erschleichung von Leistungen liegt somit nicht vor.
V.
Fazit
Wir haben hier am Ende tatsächlich eine Urkundenfälschung in der Form der Herstellung und Gebraucher einer unechten Urkunde. Ein Betrug kommt zusätzlich hinzu, sofern gegen Entgelt die Fastpasses an gutgläubige Käufer verkauft wurden.
Die Urkundenfälschung ist übrigens ein Offizialdelikt und muss von der Staatsanwaltschaft auch ohne und selbst gegen den Willen des Geschädigten (also Activision) verfolgt werden. Das heißt grundsätzlich könnte jeder eine Anzeige erstatten.
Daher: Augen auf bei der Urkundenfälschung!