Ingerenz: Günstige Computerspiele bei Keysellern im Ausland kaufen. Ist das eigentlich strafbar?

Bis zur nächsten Schildkröte mit Hut werdet ihr euch noch einige Tage gedulden müssen, diese wird aber gigantisch!

Bis dahin muss ich noch einmal Werbung für Ingerenz.de machen und zwar für einen Beitrag der sicher einige von euch interessieren wird:

Günstige Computerspiele bei Keysellern im Ausland kaufen. Ist das eigentlich strafbar?

Ingerenz.de geht an den Start!

Meine Klausuren habe ich einigermaßen überstanden und wie versprochen habe ich mich direkt an den versprochenen neuen Blog gesetzt.

Tatsächlich ging das Ganze schneller als gedacht und in wenigen Stunden stand der Blog. Ich lobe mich ja selten selbst, aber ich bin ja ein bisschen verliebt in den Blog. Ich hab mich für ein klassisches schlichtes Blogdesign entschieden, welches aber mit Bildern zu den Posts jeweils aufgelockt wird.

Bisher sind lediglich die hier schon vor einigen Tagen veröffentlichten Beiträge online. Da ich in den kommenden Monaten aber reichlich Zeit haben werde, wird der Blog regelmäßig mit neuem Content gefüttert werden. Bereits jetzt steht der Inhalt für die kommenden Tage fest, damit der Blog auch einen vernünftigen Start hinlegen kann.

Als erstes geht es natürlich darum, dass man den Blog etwas bekannter macht. Dazu soll nicht nur dieser Post hier dienen, sondern ich hoffe auch auf eure tatkräftige Hilfe. Der Blog hat einen eigenen Twitter- und Facebook-Account, so dass auch über die Socialmedias die Beiträge schnell und einfach geshared werden können. Daher bettel ich bei euch ganz dreist für Likes, Follows und Shares!

Als Belohnung habe ich einige tolle Ideen für Blog-Serien, die ich euch in den nächsten Tagen präsentieren werden. Heute Abend wird dagegen erst einmal ein etwas längere Beitrag zum Thema Flüchtlingskriminalität und Polizeistatistik online gehen. Ich glaube einen ähnlichen Beitrag gab es bereits hier auf dem Blog vor einigen Jahren, trotzdem verliert die Thematik nicht an Aktualität.

Ich hoffe, dass viele von euch auch regelmäßig auf Ingerenz.de vorbeischauen werden. Ich verspreche euch, dass es sich lohnen wird! Erzählt euren Freunden und Feinden davon! Ich mach mich nun daran weiter die Werbetrommel zu rühren! Ich freue mich auf euer Feedback. Entweder hier in den Kommentaren oder gerne auch auf Ingerenz.de, dort ist das Kommentieren übrigens vorerst ohne Erstellung eines Accounts möglich.

Direkt zu Ingerenz.de

Der VW-Skandal – Verwirrung um Ermittlungen

Der VW-Skandal ist in aller Munde und mittlerweile hat sich auch die Staatsanwaltschaft eingeschaltet. Die Medien sind sich noch uneinig, ob nun tatsächlich Ermittlungen eingeleitet wurden oder lediglich Vorermittlungen geführt werden. Auch ist nicht ganz klar gegen wen. Während es zuerst hieß, dass gegen Winterkorn ermittelt wird, will die Staatsanwaltschaft nun lediglich gegen Unbekannt ermitteln. Rechtlich ist die Situation recht interessant, auch wenn noch nicht alle Details restlos bekannt sind. Bezüglich möglicher Strafzahlungen aufgrund der Manipulation gegen US-Behörden möchte ich nicht eingehen, da diese wohl unproblematisch sind. Selbstverständlich wird hier ein Bußgeld, in welcher Höhe auch immer, fällig werden.

I.
Betrug am Kunden

Unter anderem steht aber auch ein Betrug am Kunden in Raum. Nach aktuellem Stand sollen die Fahrzeuge eine Software haben, die erkennt, dass sich das Fahrzeug auf dem Prüfstand befindet. Diese Software ist an sich noch keine Besonderheit. Jedes moderne Fahrzeug braucht einen Prüfstandsmodus, damit bestimmte Sicherheitssysteme deaktiviert werden. Ansonsten würden die Sicherheitssysteme automatisch bestimmte Bremsmanöver durchführen, da die Sensordaten nicht übereinstimmen und damit wäre ein Testlauf auf einem Prüfstand nicht möglich.

Die Software von VW soll jedoch je nach Modell entweder der Partikelfilter unter höherer Last (was zu höherem Dieselverbrauch führt) gefahren oder aber der Katalysator angeschaltet (was zu einem Verbrauch von Harnstoff führt, dessen Menge nicht für eine dauerhafte Aktivierung ausreichen würde). Dies hat jeweils das Ergebnis, dass die Stickoxidwerte gesenkt werden. Im normalen Betrieb laufen die Motoren dagegen im Normalmodus und stoßen höhere Stickoxidwerte aus. Soviel zum aktuellen Sachstand.

Weiterlesen

Empirie vs. SPON-Kommentare

Eigentlich wollte ich ja mal einen Artikel schreiben, wo ich einfach die dümmsten Kommentare des Netzes zusammenfasse. SPON hat mir diese Arbeit erlassen und Kommentar zu einem Artikel über Kriminalität von jungen Migranten geschrieben (hier).

Für jemand der sich mit dem Thema etwas beschäftigt hat, ist das Ergebnis wenig überraschend: Ausländer (bzw. Migranten) sind grundsätzlich nicht krimineller als Deutsche.Lediglich bei Gewaltdelikten liegen die türkischen Migranten leicht über der Norm.

Es gibt unterschiedliche Gründe, warum dieses Ergebnis in der allgemeinen Bevölkerung skeptisch aufgenommen wird. Ist der größte Teil der Jugendliche die Verurteilt werden denn nicht tatsächlich mit Migrationshintergrund? Sitzen im Gefängnis nicht deutlich mehr Ausländer? Und das obwohl sie nur einen Bruchteil der Bevölkerung ausmachen? Das ist alles richtig und trotzdem hat es  eigentlich nichts mit dem Thema zu tun.

Das erste Problem entsteht durch die Unterscheidung Hellfeld und Dunkelfeld. Die Statistiken können nur die Straftaten beinhalten, die tatsächlich den Behörden zur Kenntnis gelangt sind (Hellfeld). Bereits das Opfer ist hier ein „Gatekeeper“, denn das Opfer entscheidet meist mit seiner Anzeige, ob dem Staat die Straftat bekannt wird. Und hier ist es wissenschaftlich abgesichert, dass die Anzeigebereitschaft tatsächlich bei Tätern mit Migrationshintergrund höher ist. Das Anzeigebereitschaft beeinflusst übrigens eh sehr stark die Statistik. Dies sieht man vor allem bei Gewaltdelikten: In den letzten 20-30 Jahren ist die Sensibilisierung für Körperverletzung massiv gestiegen. Es kommt viel häufiger zu Anzeigen und daher steigt auch die Anzahl der Körperverletzungen in den Statistiken. Die Dunkelfeldforschung (man befragt Personen anonym ob sie Straftaten begangen haben und/oder ob sie Opfer von Straftaten wurden. Auch hier gibt es aber Probleme: Einmal kann es vor allem bei sensiblen Straftaten [Sexualdelikte] dazu kommen, dass sie diese auch anonym verschweigen. Zusätzlich gibt es aber auch Straftaten von dem ein Opfer nie erfährt [der perfekte Betrug].) zeigt dagegen aber, dass keine Steigerung vorliegt. Jugendkriminalität ist übrigens auch in der Statistik seit 2007 am deutlichen sinken.

Das zweite Problem ist, dass die Bevölkerungsgruppe „Deutsche“ und „Personen mit Migrationshintergrund“ nicht einfach zu vergleichen ist. Migranten sind zumeist jung und männlich… Kriminalität wird vor allem von jungen Männern begangen (Der Peak liegt zwischen 18 und 21 Jahren). Ich kann also nicht einfach 100.000 Migranten mit 100.000 Deutschen vergleichen, denn in der letzten Gruppe sind mehr Frauen und mehr ältere Personen drin. Das gleiche zählt auch für den sozialen Status. Kriminalität (vor allem die Eigentums- und Vermögensdelikte die 3/4 ausmachen) werden häufiger von Sozialschwachen begangen, besonders so Bagatellen wie Ladendiebstahl.

Das dritte Problem liegt in der Eigenart der Ausländer. Ausländer können viel mehr Straftaten begehen als Deutsche. Ein Deutscher kann zum Beispiel gar nicht gegen Asylgesetze verstoßen. Was aber noch gravierender die Statistik verfälscht ist folgender Punkt: Es wird eine Tatverdächtigenbelastungszahl gebildet. Das bedeutet: Wie viele Tatverdächtige gab es pro 100.000 Personen der gleiche Gruppe. So fragt man zum Beispiel: Wie viele Tatverdächtige Frauen gab es pro 100.000 Frauen. Bei Ausländern wurden diese Zahlen auch gebildet. Man gab also an: X ausländische Tatverdächtige pro 100.000 Ausländer. Aber welche 100.000 Ausländer hat man genommen? Die registriert sind beim Einwohnermeldeamt! Man muss kein Einstein sein um zu merken, dass die Zahl der registrierten Ausländer natürlich deutlich geringer ist, als die tatsächliche Zahl. Dabei geht es primär gar nicht nur um illegale Einwanderer. Bereits Touristen verfälschen diese Zahlen. Ein Tourist der sich auf dem Oktoberfest prügelt zählt als Tatverdächtiger, aber die ganzen Touristen zählen nicht in die 100.000 Ausländer. Aus diesem Grund wird diese Zahl seit einigen Jahren  für Nichtdeutsche gar nicht mehr gebildet, weil sie völlig verfälscht ist.

Der gleiche Effekt tritt übrigens auch bei Großstädten auf: Hamburg hat rund 1,8 Millionen Einwohner. Kommt nun jemand aus Niedersachsen (der in HH zum Beispiel arbeitet) und begeht hier eine Straftat, dann zählt er als Tatverdächtiger und die Tatverdächtigenbelastungszahl wird so gebildet, dass er als Tatverdächtiger zählt, aber bei den pro 100.000 Einwohner nur die Hamburger zählen. Ganz schlimm ist dies bei Frankfurt am Main (führt die Kriminalitätsstatistik regelmäßig an): Hier ist ein riesiger Flughafen. Jegliche Straftat die von Reisenden in Frankfurt am Main begangen wird, fließt in die Statistik rein, aber Frankfurt selbst hat gar nicht so viele Einwohner.

So und aus diesem Grund sind die Kriminalitätsstatistiken relativ unbrauchbar, wenn es um die Frage geht, welche Bevölkerungsgruppe besonders kriminell ist. Die Statistik kann lediglich die Belastung der Ermittler aufzeigen. Dafür ist sie primär auch gemacht. Steigen die Straftaten in der polizeilichen Kriminalstatistik, so heißt dies nicht, dass tatsächlich mehr Straftaten begangen wurden, es zeigt lediglich, dass die Polizei mehr zu tun hatte. Die empirische Forschung zeigt ein recht einheitliches Bild: Rechnet man die ganzen Faktoren raus und berücksichtigt man Deutsche und Migranten mit den gleichen Voraussetzungen (gleiches Alter, gleiches Geschlecht, gleiche Bildung, gleicher sozialer Status usw) unterscheiden sich die Gruppen nicht. Das heißt: Der Migrationshintergrund ist nicht der Faktor der jemanden zu einem Kriminellen macht. Dies sind andere Fakten, die bei Migranten gehäuft auftreten und daher Migranten tatsächlich häufiger Straftaten begehen (aber nicht aus ihrer Migranteneigenschaft).

Abschließend noch einige gute SPON-Kommentare:

M. Michaelis heute, 06:52 Uhr
Weshalb sollen Befragungen aussagekräftiger als Kriminalitätsstatistiken sein ? Befragungen sind weitaus Manipulationsanfälliger.

Malshandir heute, 07:17 Uhr
Also die These, dass Auslaender haeufiger angezeigt werden, ist pure Mutmassung und eine Verhoehnung der Opfer. Die Zahlen sagen, dass Auslaender doppelt so haeufig Straftaten begehen und dreimal so haeufig Gewaltdelikte. Das sind die nackten Zahlen. Eine 20% hoehere Straverdaechtigenzahl bei Gewaltdelikten von Personen mit Migrationshintergrund als nicht relevant zu sehen,ist ein Verleugnen der Zahlen und das 2,3fache an Gewalt bei Auslaendern als Begruendung die Umstaende anzufuehren, ist schon krass. Egal ob jemand in Armut aufwaechst oder nicht, es ist kein Grund fuer Gewalt. Jeder soll die Zahlen lesen und sich sein eigenes Urteil bilden.

riemator heute, 07:23 Uhr
richtig ist und bleibt aber, dass migranten oder menschen mit migrationshintergrund überdurchschnittlich oft durch gewaltdelikte auffallen. das belegt die statistik zweifelsfrei. hier tun sich diejenigen mit islamischem hintergrund besonders hervor. siehe auch bericht der griechischen polizistin, die vor diesem hintergrund kürzlich aus ihrem dienstalltag geplaudert hat. dies wegdiskutieren zu wollen ist peinliche & gefährliche sozialromantik.

akmsu74 heute, 07:24 Uhr
Meine Lebenserfahrung in Berlin sieht anders aus – 100%ig konträr, um genauer zu sein. Diese „Studie“ hat nicht zufällig das ZDF gemacht, oder? Vielleicht in Zusammenarbeit mit dem ADAC

rabie heute, 07:24 Uhr
nun das stimmt nich, schaut euch die polizeiliche kriminalstatistik an meinet wegen länderspezifisch ( für jeden einsehbar). übrigens hatten das auch die medien aufgenommen wie zb focus. jeder 4. kriminelle is immigrant und wir haben etwas mehr als 20% immigranten gemessen an der gesamtbevölkerung. wenn es also beispielsweise 10000 straftaten im jahr gibt müssten gemessen an der bevölkerung 2000 straftaten von ausländern und 8000 von deutschen erfolgen nanun rechnen wir mal. jeder 4 kriminelle is migrant….also werden von den 10000 verbrechn im schnitt 2500 von migranten begangen…hoppla das is ja doch mehr als die 2000 ^^ ergo: migranten sind krimineller

ddg28 heute, 12:10 Uhr
Der Spiegel ist zu einem linken Schmierenblatt verkommen, was eigentlich nur Verachtung verdient. Lebe Spiegel-Redakteure, macht die Augen auf außerhalb Eures Wolkenkuckucksheims und verbreitet nicht irgendwelche Unwahrheiten. Im Netz ist bislang noch genügend Material zu finden was das Gegenteil beweist und belegt. Und Ihr relativiert alles schön, dass es ja viel harmloser ist als gedacht??? Wird Zeit, dass Ihr mangels Leserschaft, die hoffentlich ins Bodenlose sinken wird, Euren Laden endlich dicht macht könnt. Warum benennt Ihr Euch nicht gleich um in „bundesfinanzierte Pressestelle der Antifa“? Mehr als Euch meine Verachtung für diese und viele andere prostaatliche Berichte u.a. auch über Gaza, Ukraine etc. auszusprechen, bleibt einem nicht mehr übrig.

Wir fassen zusammen: Die meisten können zwar noch die Zahlen der Statistik lesen, verstehen tun sie diese aber nicht.

Wie man sich selbst der Doppelmoral überführt

Gelegentlich schaffen es Menschen, dass sie sich mit ihren eigenen Argumenten die eigene Meinung zerschießen. Ein aktueller Fall zeigt es schön beispielhaft: Selbstjustiz eines Vater der jemanden auf frischer Tat beim Missbrauch seines Sohnes erwischt (Bild.de)

Geschichte in der Kurzversion: Vater kommt in den USA nach Hause und sieht einen Familienfreund beim Missbrauch seines Sohnes und verprügelt ihn bewusstlos. Anschließend ruft er die Polizei. Die Polizei nimmt den mutmaßlichen Kinderschänder fest und möchte nicht sehen, dass der Vater sich möglicherweise auch strafbar gemacht hat. In Deutschland wäre dies natürlich ein klassisches Fall der Selbstjustiz und wäre nur schwer (eher gar nicht) über das Notwehrrecht (bzw. Notwehrexzess) zu regeln. Von daher hätte der Vater hier mit einer Verurteilung rechnen müssen.

Darum gehts aber gar nicht. Bild.de hat die Kommentare unter den Artikeln deaktiviert, weil man weiß, was so für Sätze in der Regel kommen. Ich Poste hier einfach mal beispielhaft Kommentare aus Foren (Meist Elternforen, da größere Medien sowas löschen) zu ähnlichen Selbstjustizfällen:

Vielleicht hat das fehlende vertrauen in das Rechtssystem diese praxis mit hervorgerufen und stellt ein korrkektiv dar, welches auf diesem weg für die notwendige Abschreckung sorgt. (Gofeminin)

Das sind Menschen, die lassen ihrer Perversität freien lauf. Und Abschreckung hilft vielleicht.

Und meine Meinung gehört sicher nicht ins Mittelalter.  (Rund-ums-Baby)

Vielleicht kommt man selbst nicht direkt auf die Absurdität, wenn Selbstjustiz mit „Abschreckung“ gerechtfertigt wird. Dazu aber vielleicht Posts aus der gleichen Richtung, die es deutlich machen:

wenn jemand meiner kleinen Maus was antuhen würde würde ich auch selbstjustiz ergreifen, solche tüpen werden als krank abgestämpelt und haben dann voll den lenz! ohne mich, ich würd die alle platt machen! wenns um mein baby geht kenn ich da nichts! (Yahoo Answers)

Ich bin selbst Mutter, sollte meinem Sohn mal sowas passieren, würde ich auch nicht warten bis er seine Strafe vom Gericht erhalten hat. (Polar-Chat)

wenn einer meiner Tochter was antäte, würde ich auch Selbstjustiz üben!  (Finanzen.net)

dann möcht ich auch noch gleich anführen , dass es mir voll bewusst wäre, hier eine straftat zu begehen, aber ich könnte im häfen (gefängnis) sicher 5 jahre besser schlafen als einen tag zuhause.

das ist leider, leider, das traurige in unserer gesellschaft, sich auf keine gerechtigkeit mehr verlassen zu können (Finanzen.net)

Auch wenn es natürlich nicht die gleichen Personen waren, kann man doch davon ausgehen, dass sie sich alle gegenseitig zustimmen würden.

Genau hier zeigt sich das Paradoxon: Sie wollen (verbotene) Selbstjustiz üben (bis hin zum Totschlag/Mord), um eine „abschreckende Wirkung“ zu erzielen. Für Mord (auch Selbstjustiz) ist lebenslange Freiheitsstrafe vorgesehen, für den Totschlag (meinetwegen noch in einem minder schweren Fall) noch mindestens 1 Jahr Freiheitsstrafe. Wenn Abschreckung funktionieren würde, müssten dann nicht diejenigen, die die Selbstjustiz ankündigen, von den hohen Strafen davon abgeschreckt werden? Spätestens bei diesem Punkt müsste man sich doch fragen „wenn ich nicht abgeschreckt werde von hohen Strafen, warum sollte jemand anders dann abgeschreckt werden?“.

Ich weiß, bei den meisten der Kommentatoren wurde die Intelligenz mit der Gießkanne verteilt und sie werden es nicht verstehen, aber lustig ist es ja doch irgendwie.

Dazu übrigens noch eine spannende Frage zur Strafzumessung: Ist Selbstjustiz als strafmildernd oder strafschärfend anzusehen?

Auf dem ersten Blick würde man sagen „Ist doch klar, das muss strafmildern berücksichtigt werden, weil die Tat nachvollziehbar ist“. Tatsächlich kann man es so sehen (würde ich sogar auch tun).

Auf dem zweiten Blick muss man aber auch sagen: Aus generalpräventiver Sicht (Abschreckung anderer potentieller Täter und Stärkung der Allgemeinheit in das Vertrauen der Norm) müsste die Selbstjustiz starfschärfend wirken. Denn wenn Leute sagen „Ich würde es auch tun“ und man tatsächlich davon überzeugt ist, dass hohe Strafen abschreckend wirken (was ich nicht bin), müsste man hier eine Strafschärfung fordern. Zumindest aber um das Vertrauen der Allgemeinheit in die Norm (Du sollst nicht Töten, auch nicht aus Rache) zu stärken, müsste hier eine hohe Strafe folgen (dem würde ich sogar zustimmen).

Im Endeffekt ist es tatsächlich eine spannende und interessante Frage. Ich würde persönlich wirklich sagen, dass sich diese beiden Gedanken (strafmildernd da nachvollziehbar und strafschärfend um das Vertrauen der Allgemeinheit zu erfüllen) gegenseitig aufwiegen und es im Endeffekt weder strafmildernd noch strafschärfend zu berücksichtigen ist.

Der Fall Gauck

Seit rund drei Tagen geht der Fall Gauck mal wieder durch die Presse (Stellvertretend für viele: Klick)

Kurze Zusammenfassung: Die Bundestagsabgeordnete haben bisher in unregelmäßigen Abständen ihre Diäten erhöht. Bei jeder Erhöhung gab es die Diskussion ob die Erhöhung 1. angemessen ist und 2. ob es wirklich sinnvoll ist, dass die sich selbst die Diäten erhöhen können.

Nun hat der Bundestag beschlossen, dass die Gehälter an denen von Bundesrichtern (R6) angeglichen werden und zukünftig an die Lohnentwicklung in Deutschland automatisch angepasst (steigen die Bruttolöhne in Deutschland, steigt auch die Diät um den gleichen Prozentsatz).Letzteres ist ein Problem. Gauck hat bisher dem Gesetz seine Unterschrift nicht gegeben und prüft noch.

Dazu braucht man ein bisschen Hintergrundwissen. Im Jahr 1975 hat das BVerfG ein Urteil zu den Abgeordnetendiäten erlassen. Damals waren die Gehälter ebenfalls an den Gehältern von Bundesrichtern angepasst. Das BVerfG entschied jedoch, dass die Gehälter nicht automatisch steigen dürften, sondern die Abgeordneten immer selbst entscheiden müssen, wie, wann und ob ihre Diäten steigen.

In den letzten 40 Jahren haben die Abgeordneten sich aber weniger Erhöhungen gönnt, als die sonstigen Löhne im Land gestiegen sind. Aus diesem Grund hinken sie heute rund 980 Euro hinter den Bundesrichtern hinterher. Das heißt die erneute Anpassung führt erst einmal zu einer Anhebung der Diäten wieder auf das Niveau der Bundesrichtern.

Das zweite Problem, die nicht erlaubte automatische Anpassung, will der Bundestag damit umgehen, dass er am Anfang der Bundestagsperiode immer Einzeln beschließt, dass die Diäten in den kommenden 4 Jahren genauso steigen, wie die Lohnentwicklung im Land. Rechtlich ist umstritten, ob dies den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts gerecht wird oder nicht. Aber wieder zurück in die Gegenwart:

Wie zu erwartet hat sich der gesunde Volkszorn vom Stammtisch in den Kommentaren eingefunden. Die Erkenntnis aus den Kommentaren ist. 1. Abgeordnete Arbeiten eh nicht, 2. Die Kommentatoren kriegen selbst mit Hartz IV weniger, 3. Die Welt ist gemein zu den Kommentatoren.

Sehr kurios ist jedoch folgendes: Die Leute begrüßen, dass der Bundespräsident inhaltlich die Gesetze auf die Verfassungsmäßigkeit prüfen kann. Das Prüfungsrecht des Bundespräsidenten ist im Jurastudium Inhalt des 1. Semesters.

Dabei springt jederzeit folgendes Problem ins Auge: Wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Man sollte massive Bauchschmerzen bekommen, wenn der Bundespräsident (der nur sehr schwach demokratisch legitimiert gewählt wird, weil er über 8 Ecken gewählt wird) tatsächlich ein Gesetz stoppen kann, was vom gesamten Bundestag, welches in freien Wahlen gewählt wurde, teilweise soar direkt vom Volk, beschlossen wurde. Auch der Gesetzeswortlaut in Art. 82 I GG (Die nach den Vorschriften dieses Grundgesetzes zustande gekommenen Gesetze werden vom Bundespräsidenten nach Gegenzeichnung ausgefertigt) ist recht eindeutig. Der Bundespräsident hat zu unterschreiben, wenn die Vorschriften des Grundgesetzes eingehalten wurden.

Von daher hat der Bundespräsident ein inhaltliches (materielles) Prüfungsrecht nur sehr eingeschränkt. Der Bundespräsident darf die formelle Verfassungsmäßigkeit prüfen, das bedeutet, ob das Verfahren eingehalten wurde. Das heißt vor allem, dass die Mehrheit vorliegt, der Bundesrat richtig beteiligt wurde und die Zuständigkeit gegeben ist. Inhaltlich hat er nur dahingehend ein Prüfungsrecht, dass er kein offensichtlich verfassungswidriges Gesetz unterschreiben muss. Das ist hier aber definitiv nicht der Fall. Es wird lebhaft diskutiert, ob es verfassungswidrig ist. Alleine diese Diskussion zeigt schon, dass es nicht „offensichtlich verfassungswidrig“ ist.

Ich bin mir auch nicht sicher, ob die Kommentatoren tatsächlich einen Bundespräsident haben möchten, der nach Gutdünken entscheidet ob ihm die Gesetze gefallen oder nicht… Dafür haben wir schon 16 ältere Damen und Herren beim BVerfG und bereits die Macht die beim BVerfG auf wenige (und schwach demokratisch legitimierte) Personen aufgeteilt ist, ist problematisch.

Der Fahnen „Diebstahl“

Momentan auf vielen Blogs zu sehen ist folgender Artikel: Klick mich

Im Artikel wird vom „Fahnen-Klau“ oder „Fahnen-Diebstahl“ gesprochen. Da hier ja doch gelegentlich die Frage aufkommt, was einem so im Studium erwartet, bietet dieser Artikel eine wunderbare Grundlage, um dies einmal zu demonstrieren (sollten es an der einen oder anderen Sache etwas ungenau sein, mag man es mir Verzeihen, die Einzelheiten der Delikte sind schon etwas her, dass ich sie das letzte Mal gelernt habe).

Der erste Punkt ist natürlich der Diebstahl nach § 242 StGB. Der Diebstahl ist die Wegnahme einer fremden beweglichen Sache: Eine Fahne ist unproblematisch eine bewegliche Sache. Sie ist auch Fremd, weil sie dem Hauseigentümer gehörte. Wegnahme ist der Bruch fremden und begründen neuem Gewahrsams. Gewahrsam ist die tatsächliche Sachherrschaft. Die hat der Eigentümer unproblematisch verloren und die Sachherrschaft wurde vom „Dieb“ ausgeübt.

Subjektiv muss neben dem normalen Vorsatz aber auch eine Zueignunsabsicht vorliegen. Das bedeutet: Es muss billigend in Kauf genommen werden, dass der bisherige Berechtigte enteignet wird und der Täter muss mit Absicht (Es muss ihm gerade darauf ankommen) sich die Sache zueignen.

Ersteres ist unproblematisch erfüllt, der bisherige Eigentümer wird aus seiner Position als Eigentümer der Fahne verdrängt. Problematisch ist jedoch die Aneignung. Der Täter will sich ja gar nicht die Fahne zu nutze machen… Weder will er sie seinem Vermögen zufügen, noch selbst irgendwie Nutzen oder sonst was damit funktionell ausführen. Es geht ihm einzig und alleine darum, dass der bisherige Eigentümer sie nicht mehr hat.

Somit liegt kein Diebstahl vor.

Eine Strafbarkeit wegen Unterschlagung (§ 246 StGB) scheitert an einer ähnlichen Problematik. Die Zueignungsabsicht muss sich bei der Unterschlagung irgendwie nach außen manifestieren. In der Regel also, dass sich jemand selbst als neuer Eigentümer aufspielt. Dies ist hier nicht gegeben.

Nun muss man etwas kreativer werden. Was kommt noch in Frage?

Theoretisch möglich wäre eine Sachbeschädigung nach § 303 StGB. Eine fremde Sache haben wir. Wurde sie aber beschädigt oder zerstört? Davon wissen wir nichts… Vielleicht liegt sie irgendwo sicher verwahrt. Somit auch keine Sachbeschädigung, solange die Sache nicht beschädigt oder zerstört wird.

So und nun bleibt eigentlich nur noch eins: Der Hausfriedensbruch nach § 123 StGB. Tatsächlich scheint dieser Tatbestand einschlägig zu sein. Dazu müsste man aber auf befriedetes Besitztum gelangt sein. Im Artikel steht, dass die Diebe sich wohl durch eine Hecke kämpften. Wenn die Hecke tatsächlich das Grundstück abgrenzte, muss wohl von einem Hausfriedensbruch ausgegangen werden. Denn der Eigentümer des Grundstücks wollte sicher nicht die Leute zum Klauen der Flagge auf dem Grundstück haben.

Und was für Auswirkungen hätte das nun in der Praxis?

Tatsächlich könnte ein Staatsanwalt hier den Diebstahl nach § 242 StGB anklagen. Dann droht Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe. Ein geschickter Verteidiger könnte nun aber genau diese Mängel aufzeigen und deutlich machen, dass die Fahne ja nicht entwendet wurde, um sie seinem eigenen Vermögen zuzueignen, sondern nur entfernt werden sollte. Sollte dann wirklich nur der Hausfriedensbruch übrig bleiben, droht lediglich Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder Geldstrafe. Dies ist im Gegensatz zum Diebstahl wirklich eine Bagatelle und würde vermutlich (bei Ersttätern folgenlos) eingestellt werden.

Radfahrer-Urteil oder Warum der BGH falsch liegt

Heute hat der BGH im Radfahrer-Urteil entschieden. Kurze Zusammenfassung: Radfahrerin fährt ohne Helm. Autofahrerin öffnet ohne zu schauen die Tür. Radfahrerin fällt hin und verletzte sich am Kopf, weil sie keinen Helm hat. Autofahrerin sagt „hättest du nen Helm getragen, wären deine Verletzungen nicht so schlimm, ich zahl nur 80%“. Radfahrerin sagt „Ich fahr so viel ohne Helm wie ich möchte und du sollst 100% zahlen“. Das LG Flensburg gab der Radfahrerin Recht. Das OLG Schleswig entschied dagegen zugunsten der Autofahrerin. Nun hat der BGH entschieden. Der BGH schließt sich grundsätzlich dem LG Flensburg an. Die Radfahrerin hat demnach kein Mitverschulden am Schaden.

In der Presse wurde die eigentlich juristische Frage häufig massiv falsch dargestellt. Es geht nicht darum, ob eine Helmpflicht besteht oder nicht. Selbst wenn der BGH anders entschieden hätte, wäre es keiner (auch keiner quasi) Helmpflicht gleichgekommen. Es gibt einen gewaltigen Unterschied zwischen „Du darfst das nicht machen“ und „Du darfst das machen, wenns aber schief geht, dann ersetzt dir keiner den Schaden“. Auch in anderen Bereichen gilt letzteres, ohne dass es einem Verbot gleichkommt. Wenn jemand schneller als 130km/h auffer Autobahn fährt und es kommt zu einem Unfall, wird er regelmäßig zumindest seine Betriebsgefahr (20%) tragen müssen. Zumindest kann er sich aber nicht darauf berufen, dass der Unfall unabwendbar war.

Auch der ungeschützten Geschlechtsverkehr ist in Deutschland nicht verboten. Auch würde keiner sagen, dass es ein „Quasi-Verbot“ gibt. Kommt es dann aber zu einer HIV-Infektion, wird der Schadensersatz regelmäßig gemindert, weil beiderseitig auf Kondome verzichtet wurde. Der große Unterschied zwischen einem Verbot und einem eigenverantwortlichem Risiko: Im 1. Fall werde ich auch bei Nichteintritt eines Schadens sanktioniert (Bußgeld oder Strafe). Im 2. Fall muss ich lediglich die Kosten für den Schaden tragen, wenn etwas schiefgeht.

Zwischenfazit: Natürlich darf man son Blödsinn machen, wie ungeschützten Sex in Dark Rooms, 200km/h auf der Autobahn oder Radfahren ohne Helm… Aber wenn dann was passiert, muss man halt die Konsequenzen (mit-)tragen.

In der Gesellschaft (und vor allem den Online-Kommentaren) werden hier viele Bereiche vermengt. Der häufigste Tenor ist „der Staat soll mir nicht alles verbieten, ich bin ein eigenverantwortlicher Mensch und darf selbst entscheiden ob ich mit Helm fahre oder nicht“… Genau dies zeigt, wie schräg diese Ansicht ist. Denn die Person will ja gerade KEINE Eigenverantwortung übernehmen. Denn Eigenverantwortung bedeutet, dass man selbst die Verantwortung übernimmt, wenn man ohne Helm fährt aka wenn der Kopf dann matsch ist, man selbst schuld hat. Nein, man möchte ohne Helm fahren, die Verantwortung aber dann auf die Allgemeinheit abwälzen.

Das heutige BGH-Urteil (was rechtlich sicherlich gut vertretbar ist und insgesamt eine schwere Frage ist) ist aber kein Urteil für die Freiheit oder Eigenverantwortlichkeit, sondern ein Urteil, dass die individuellen Risiken die man eingeht auf die Gesellschaft überträgt. Somit das Gegenteil von Eigenverantwortlichkeit. Auch fragt sich kaum jemand, was denn bitte die Autofahrerin dafür kann, dass ihr Unfallopfer keinen Helm getragen hat.

Sofern ich das Ergebnis vom BGH für vertretbar halte (ich hätte als Richter aber vermutlich anders gestimmt), ist die Argumentation, zumindest soweit sie sich aus der Pressemitteilung ergibt, wenig überzeugen. Der BGH stellt treffend fest:

Zwar kann einem Geschädigten auch ohne einen Verstoß gegen Vorschriften haftungsrechtlich ein Mitverschulden anzulasten sein, wenn er diejenige Sorgfalt außer acht lässt, die ein ordentlicher und verständiger Mensch zur Vermeidung eigenen Schadens anzuwenden pflegt.

Es geht also primär darum, ob ein „ordentlich und verständiger Mensch“ beim Radfahren einen Helm tragen würde. Hier macht der BGH aber meiner Meinung nun einen argen Fehler, wenn es weiter argumentiert:

Ein solches Verkehrsbewusstsein hat es jedoch zum Zeitpunkt des Unfalls der Klägerin noch nicht gegeben. So trugen nach repräsentativen Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt für Straßenwesen im Jahr 2011 innerorts nur elf Prozent der Fahrradfahrer einen Schutzhelm.

Hier sind gleich zwei Punkte problematisch. Auf der einen Seite unterstellt der BGH, dass die Mehrheit der Menschen „ordentlich und verständig“ ist. Er kann sich anscheinend nicht vorstellen, dass die Mehrheit der Menschen dies nicht ist. Ich möchte gar nicht wissen, wie viele Autofahrer regelmäßig Stoppschilder ohne vollständigen Stillstand an der Haltelinie überfahren (sicherlich mehr als 50%). Würde der BGH dann hier auch kein Mitverschulden annehmen, wenn jemand ein Stoppschild überfährt? Ich glaube nicht. Klar liegt der Fall hier etwas anders (da das Überfahren der Stoppschildes sanktioniert wird), aber die Argumentationsweise wäre die selbe.

Der zweite Punkt, der imo noch schwerer wiegt ist: Die Frage ist doch schon falsch gestellt worden? Es kann doch nicht darum gehen, was der „ordentliche und verständige“ Mensch tut, sondern es muss darum gehen, was der „ordentliche und verständige“ Mensch meint tun zu sollen. Die Frage „Fahren sie mit Fahrradhelm?“ ist eine andere als „Sind Sie der Meinung, dass ein verantwortungsvoller Radfahrer mit Helm fahren sollte? Und es wird sicherlich etliche Radfahrer die sagen würden, dass sie zwar ohne Helm fahren, jedoch einsehen, dass sie eigentlich einen tragen sollten.

Der BGH hat hier wohl eher politisch motiviert geurteilt. Da es sich aber ja anscheinend mit dem gesunden Volkszorn deckt, wird es in der Allgemeinheit relativ positiv aufgenommen. Argumentativ fällt die Begründung aber sehr dünn aus. Obwohl ich das Ergebnis zumindest für vertretbar halte, auch wenn ich anders entschieden hätte.

Österreich und die Rechtsstaatlichkeit

Österreich ist ein komisches Land. Nicht nur, dass man beim Essen aufpassen muss, dass einem nicht irgendwelche Organe untergeschoben werden, nein auch rechtlich ist das Land abenteuerlich.

Ich war für ein Paar Tage bei unseren schönen Nachbarn und hatte auch das Vergnügen mit dem Auto über die Autobahn zu kurven. Während es am Sonntag ohne LKW-Verkehr noch ging, war es am Montag die Hölle. Die österreichische Autobahn war das schlimmste was ich seit langem erlebt habe. Die haben ein Tempolimit von 130 km/h und dies führt zu einem beeindruckendem Phänomen: Sie drängeln wie sau.

Ich bin kein schreckhafter Autofahrer, aber Österreicher halten absolut 0 Abstand. Während auf der rechten Spur die LKW mit 80-90 km/h rumtuckern, kommen auf der linken Spur die PKW mit 130-140 km/h. Das alles ist auch kein Problem, aber wenn man dann mal einen LKW überholt, fahren die auf 10 Meter ran. Gerne fahren sie auch in Kolonnen von 4-5 Fahrzeuge mit ebenfalls maximal 10 Meter Abstand. Teilweise sah ich im Rückspiegel nicht mal mehr die Scheinwerfer des mir Hinterherfahrenden. Und das passierte nicht gelegentlich, wie man auch in Deutschland nen verrückten hinter sich hat, nein es geschah in ca 90% der Fälle. Es wurde einfach kein Abstand gehalten und in Deutschland wäre mehrfach der Straftatbestand der Nötigung dadurch erfüllt worden.

Aber zumindest sind die Österreicher konsequent: Auch beim Wiedereinscheren halten sie sich nicht an Abstände. Sie ziehen einfach von links nach rechts in den Sicherheitsabstand. Würde man nur einen Tick beschleunigen, würde man den Einscherenden erwischen.

Warum die Österreicher so fahren ist mir nicht ganz klar… Liegt es wirklich am 130er Limit? Insgesamt erklärt dies aber, warum Österreich trotz den eigentlich besseren Voraussetzungen (Tempolimit, weniger Verkehr, mehr ländliche Gegend usw.) eine höhere Verkehrstotenquote hat als Deutschland.

Aber nun auch was rechtliches: Während alles wie die Lebensmüden gefahren sind, bin ich natürlich in ne Raubritter-Kontrolle geraten. An einem Autobahnzubringer stand die Polizei mit einer Laserpistole. Der Autobahnzubringer war quasi schon ausgebaut wie eine Autobahn, trotzdem war noch 50. In ner Kolonne von 5 Fahrzeugen fahre ich also Richtung Autobahn und dort stehen sie. Und da kann mir keiner erzählen, dass das ein Unfallschwerpunkt ist… Es ist einfach um die Kassen zu füllen. Aber gut, thats life.

Als ich die Polizei sah, guckte ich aufs Navi wieviel ich dort fahren dürfte und sah dann auch gleichzeitig, dass das Navi mir 58 oder 68 km/h bei erlaubten 50 km/h anzeigte. Gehen wir vom Letzteren aus und etwas Toleranz, liege ich also rund 15km/h drüber. Nicht die Welt.

Als die Polizei mich aber nicht rausgewunken hat, ging ich davon aus, dass sicherlich ein anderes Fahrzeug nur gemessen wurde und nicht ich. Meine Beifahrerin erklärte mir dann aber, in Österreich kommt das per Post. Ich erwiderte, dass dies doch völlig absurd wäre, sie haben kein Foto und wissen doch gar nicht wer gefahren sei. Das sei in Österreich aber egal…

Später recherchierte ich das Ganze und tatsächlich scheint sie Recht zu haben. Einem deutschen Juristen stellen sich da die Fußnägel auf. Die Österreicher kennen zwei Verfahren.

Das erste ist die Anonymverfügung: Es interessiert die Behörde einfach nicht wer gefahren ist. Der Halter kriegt den Bescheid und kann sich das Geld dann einfach selbst vom Fahrer besorgen. Solange die Behörde Geld innerhalb von vier Wochen bekommt, ist es ihr egal. So wie es in Deutschland lediglich bei Parkverstößen möglich ist. In Österreich können so ganz erhebliche Strafen in dreistelligem Bereich eingetrieben werden. Einfach weil ein Polizist am Straßenrand steht und meint er habe irgendwas gemessen. Um dem ganzen die Krone aufzusetzen: Der Polizist darf die Geschwindigkeit auch schätzen. Wenn der Polizist also meint „Das war schon irgendwie zu schnell“ kann dem Halter einfach ein Bußgeldbescheid zugehen. Ein absoluter undenkbares Vorgehen in Deutschland.

Was aber wirklich schockiert ist das andere Verfahren: Die Lenkererhebung. Bei schwereren Verstößen oder wenn bei der Anonymverfügung nicht gezahlt wird, wird eine Lenkererhebung durchgeführt. Hier wird dann, ohne Foto, einfach vom Halter verlangt, dass er den Fahrer benennt. Das Auskunftsverweigerungsrecht tritt einfach zurück… Wenn der Fahrer nicht benannt werden kann oder will, interessiert es die Behörde nicht. Dann gibt es eine Strafe gegen den Halter.

Es stellt sich also faktisch wie folgt dar: Die Behörde hat absolut nichts in der Hand, was den Fahrer identifizieren könnte. Trotzdem muss sich der Halter entweder selbst belasten (wenn er der Fahrer war) oder wird bestraft. Hier droht dann sogar Freiheitsstrafe bis zu sechs Monaten.

Auch wenn er einen Verwandten angeben muss, verlangt das Gesetz diesen Verrat. In Deutschland wäre auch dies undenkbar. Natürlich besteht bei uns ein Auskunftsverweigerungsrecht gegenüber Fragen die einen selbst belasten. Auch darf bezüglich Verwandten die Aussage verweigert werden. Dann muss die Behörde selbst die Ermittlungen führen und den Fahrer überführen.

Hier stellen sich einem deutschen Juristen wirklich ALLE Nackenhaare auf. Auch der österreichische Verfassungsgerichtshof teilte diese Bedenken und erklärte in den 80er Jahren, dass hier die absoluten Grundlagen des Rechtstaates mit Füßen getreten wurden und erklärte die Lenkererhebung für verfassungswidrig. Was machte die österreichische Politik? 1986 führte sie die Lenkererhebung wieder ein, hob sie aber auf Verfassungsrang. Damit konnte der Verfassungsgerichtshof die Norm nicht mehr aufheben.

Der europäische Gerichtshof für Menschenrecht duldete dieses Vorgehen 2005 mit einer abenteuerlichen Begründung „Es würde kein Zusammenhang zwischen der Auskunftserteilung einem möglichen Strafverfahren geben“…. Die Argumentation: Der Halter soll ja nicht zugeben, dass er zu schnell gefahren sei, sondern nur, dass er Gefahren sei. Dies würde aber ja noch nicht den Verdacht einer Straftat begründen. Auch hier mit deutscher Rechtsprechung absolut unvereinbar. Der BGH vertritt hier die sogenannte „Mosaiktheorie“. Bereits wenn nur ein Mosaikstein, welches zu einer späteren Strafverfolgung führen könnte, bekanntgegeben werden müsste, darf die Auskunft in Deutschland verweigert werden.

Einen Trost gibt es für deutsche Halter jedoch: In Deutschland kann eine Lenkererhebung nicht durchgeführt werden. Die deutschen Behörden halten es nämlich nicht mit der deutschen Verfassung zu vereinbaren. Für deutsche Fahrer gilt dies jedoch nicht… Fährt ein deutscher Fahrer in einem österreichischem Auto zu schnell (wie in meinem Fall), darf er mittels Lenkererhebung ermittelt werden.

Jugendstrafrecht anhand eines aktuellen Beispiels

Große Empörung an deutschen Stammtischen. Was ist passiert?

Am letzten Wochenende soll ein 14-jähriger Mädchen von zwei Jugendlichen (17 und 18 Jahre, beiderlei Geschlecht) zusammengeschlagen worden sein. Ein dritter Filmte die Tat. Die Empörung im Netz ist mal wieder groß. Aber warum eigentlich genau? Dass sich Jugendliche prügeln, ist nun wirklich nichts Neues. Dass das Opfer dabei gefilmt wird… Naja, ob da nun jemand beisteht und zuguckt oder das ganze Filmt, das ist nun auch net mehr der große Unterschied. Von der Brutalität zeigt das Video, wie mit Schuhen (zumindest aber relativ flexible Sohlen) auf den Kopf getreten wird. Grundsätzlich natürlich ein anderes „Level“ als ne einfache Schlägerei, aber weit entfernt von tatsächlichen Tötungsabsichten. Deswegen wird auch „nur“ wegen gefährlicher Körperverletzung ermittelt. Das Beispiel eignet sich aber gut, um die Jugendkriminalität darzustellen und den Sinn und Zweck des Jugendstrafrechts aufzuzeigen

Denn gestolpert bin ich zum Beispiel über folgende Aussage bei Steve auf dem Blog:

Ich hoffe sehr, dass in diesem Fall ein strenges Urteil verhängt wird. Wohin soll das alles noch führen?

Und da frag ich mich tatsächlich: Warum? Warum kein gerechtes Urteil? Oder ein sinnvolles Urteil? Warum wünscht man sich ein strenges Urteil? Solche Forderungen, die ja häufig gemacht werden, entlarven ein komisches Denkmuster. Wenn ich auf ein Übel mit einem sehr strengem oder hartem Übel reagiere, dann wird das erste Übel irgendwie wieder aufgehoben. So oder so ähnlich muss die Logik wohl ablaufen. Logisch ist das ganze aber natürlich nicht. Das Jugendstrafrecht verfolgt daher auch einen völlig anderen Zweck. Ausnahmsweise steht dies sogar im Gesetz selbst und zwar in § 2 I JGG:

Die Anwendung des Jugendstrafrechts soll vor allem erneuten Straftaten eines Jugendlichen oder Heranwachsenden entgegenwirken. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die Rechtsfolgen und unter Beachtung des elterlichen Erziehungsrechts auch das Verfahren vorrangig am Erziehungsgedanken auszurichten.

In Kurz: Das Ziel des Jugendstrafrechts ist somit, dass der Jugendliche zukünftig keine Straftaten mehr begehen wird (in den Kommentaren heißt es einmal, das Jugendstrafrecht sei kein Strafrecht sondern ein „Erziehungsrecht“. Das ist falsch… Das Jugendstrafrecht ist kein Recht um jemanden zu erziehen… Erziehung ist lediglich das MITTEL, um jemanden von Straftaten abzuhalten. Wenn jemand schlecht erzogen ist aber keine Straftaten begeht, ist er kein Fall vom Jugendstrafrecht. Ein großer Unterschied, den auch viele Juristen nicht kennen). Und, wie hier schon mehrfach erwähnt, führen hohe Strafen, vor allem bei Jugendlichen, zu höheren Rückfallquoten. Vor allem wenn Jugendstrafe  ohne Bewährung (Also Gefängnis) verhängt wird, liegt die Rückfallquote bei fast 80%. Zum Vergleich: Bei einer Einstellung des Verfahrens liegt die Quote bei 40%, bei Erziehungsmitteln und Zuchtmitteln (Sozialstunden usw) bei rund 55%. Die Zahlen darf man aber nicht direkt vergleichen, da natürlich die Jugendlichen die zur Jugendstrafe verurteilt werden in der Regel problembelasteter, als Jugendliche die mildere Mittel bekommen. Insgesamt zeigt die hohe Rückfallquote bei der Jugendstrafe aber, dass Jugendstrafe definitiv das falsche Mittel ist.

Abschreckung funktioniert, wie hier auch schon mehrfach geschrieben, höchstwahrscheinlich nicht. Bisher konnte keine Studie auch nur im Ansatz belegen, dass Abschreckung funktioniert. Teilweise kann nachgewiesen werden, dass das subjektive Entdeckungsrisiko gegebenenfalls „abschreckend“ wirken kann, jedoch nicht die Höhe der angedrohten strafen. Und zwar aus verschiedenen Gründen:

1. Wer weiß überhaupt welche Strafe droht? Der Verbrecher schlägt vorher das StGB auf und guckt nach „oh für „Auf den Kopf treten“ gibt es sechs Monate bis zu zehn Jahren, dann lass ichs lieber bleiben“ nein…

2. Die meisten Taten sind entweder Affekt-Taten oder Beziehungs-Taten… Zumeist denkt der Täter da nicht groß über die Konsequenzen nach.

3. Jugendliche haben eh eine geringere Selbstkontrolle. Es zeichnet Jugendliche geradezu aus, dass sie Sachen machen ohne groß zu überlegen.

Hier kann man nur mit Erziehung und Lebenshilfe weiterkommen… Wer sich gar nicht kontrollieren kann, der kann gar nicht sinnvoll eine Nutzen-Kosten-Rechnung aufstellen. Und vor allem „ein weiches Urteil hat nichts gebracht, nun müssen strenge Urteile her“, was ist denn das für ein Schwachsinn? Ich glaube ich habe das Beispiel schon mal gebracht: Wenn jemand mit Kopfschmerzen zum Arzt geht und der Arzt verschreibt ein Medikamente und es wirkt nicht. Man dann wieder zum Arzt geht und sagt „wirkt nicht“ und er einem die doppelte Dosis verschreibt, die aber immer noch nicht wirkt. Spätestens wenn der Arzt dann die Dosis wieder erhöht, wird man doch den Arzt wechseln? Bei der Strafe wird aber so gehandhabt… Wenn eine milde Strafe nicht gereicht hat, dann muss eine härtere her. Anstatt also mal die Maßnahme zu wechseln, wird einfach nur eine höhere Dosis verschrieben. Absurd.

Und was ebenfalls bei der Jugendstrafe nicht vergessen werden darf: Die Entwicklung von Jugendlichen folgt in bestimmten wichtigen Phasen. Vor allem zwischen dem 13. und dem 21. Lebensjahr entkoppelt sich der Jugendliche von seinem Elternhaus. Gleichaltrige werden die stärkeren Bezugspersonen und die Jugendlichen werden Selbstständig und lernen Verantwortung zu übernehmen. Wenn wir die für diese Zeit ins Gefängnis stecken, wie soll dann eine Entkopplung und Selbstständigkeit stattfinden? Wenn morgens die Zelle aufgeschlossen wird und Frühstück gebracht wird? Fremdbestimmt wird wann geduscht wird? Jemand anders die Wäsche wäscht? Man hindert den Jugendlichen quasi in seiner gesunden Entwicklung. Aus einem Jugendlichen der nach dieser Phase vielleicht nie mehr eine Straftat begehen würde, macht man dann eine Person die nie gelernt hat Verantwortung zu übernehmen. Wenn diese Person dann raus kommt und schwere Verbrechen begeht, dann müssen auch die Leute die heute „strenge Urteile“ fordern dazu stehen und dem Opfer gegenüber sagen können „Ja ich weiß, dass meinetwegen die Tat begangen wurde, aber es war richtig so, weil es war gerecht!“. Die Law-and-Order-Leute schreiben „Opferschutz“ auf ihre Brust, im Endeffekt erzeugen sie aber neue Opfer durch genau ihre Forderung von hohen Strafen.

Der zweite wichtige Punkt ist, dass selbst von jugendlichen Intensivtätern 2/3 als Erwachsene nicht mehr straffällig werden. Ganz ohne Staatliche Sanktionen… Häufig weil sie wegziehen, eine Frau kennenlernen oder Kinder bekommen (alles was im Gefängnis schlecht geht). Würde man diese zu hart bestrafen, würde man sie quasi erst in eine Verbrecherkarriere reinzwingen. Überhaupt sinnvoll wäre es also nur bei 1/3 der Intensivtätern… Aber diese 1/3 rauszufinden, ist quasi unmöglich. Wenn man aber einfach alle hart bestraft… Dann hat man zwar die 1/3 unschädlich gemacht, dafür sich aber die 2/3 als zukünftige Kriminelle herangezüchtet.

Und auch noch ein Wort zu „Wohin soll das alles noch führen?“… Vermutlich zu einer Gesellschaft die ihre Jugendkriminalität bis zu einem gewissen Maße akzeptiert und deren Ziel es ist zukünftige Straftaten zu vermeiden und nicht niedere Rachebedürfnisse zu befriedigen. Die Jugendkriminalität sinkt seit Jahren und auch eine Zunahme von besonderer Brutalität ist nicht zu verzeichnen. Zwar zeigt sich in der Kriminalstatistik, dass häufigere schwere Körperverletzungen begangen werden, wenn man aber die Dunkelfeldstudien heranzieht, zeigt sich: Das Thema Gewalt trifft heute auf eine stärkere Sensibilität. Körperverletzungen werden heute viel häufiger angezeigt, als noch vor einigen Jahrzehnten. Daher scheint es zwar laut Statistik schwerere Körperverletzungen zu geben (die Zahl an Straftaten insgesamt ist aber selbst dort rückläufig), dies ist aber mit der höheren Anzeigebereitschaft zu erklären. Und ganz zum Schluss noch etwas zu einem Kommentar von einem User zum Blogbeitrag. Er schrieb:

 Ich habe mir das Video gestern auch angesehen und muss sagen das ich es besser nicht getan hätte. Ich bin nun nicht mehr in dem Alter wie die Personen in dem Video, aber gestern (bzw heute auch noch) habe ich mir nur gedacht wenn ich nichts zu verlieren hätte, würde ich eine sehr schlimme tat begehen. Man solle zwar nicht gleiches mit gleichem vergelten, aber einfach um solchen Individuen mal ein wenig “Angst” einzuflößen und denen zu zeigen das man mit Respekt und Anstand besser aufgehoben ist.

Der Kommentator kennt das Motiv der Tatverdächtigen doch gar nicht? Wenn man nun SEINE „Vergeltungstat“ filmen würde und auf nen Blog stellen würde… Was wäre daran besser? Vielleicht haben auch die Tatverdächtigen das Mädchen als „Vergeltungstat“ verprügelt, weil sie zum Beispiel nen 5-Jährigen verprügelt hat? Mit solch einem Kommentar stellt man sich nicht nur auf eine Stufe mit denen die man als „Täter“ identifiziert hat, man zeigt auch noch ganz offen, dass man kein Stück besser ist… über „Respekt und Anstand“ mag ich hier gar nicht mehr sprechen.