Mehr und mehr zeigt sich bei vielen, vor allem weiblichen, Kommilitonen Neid und Missgunst. Ich habe es schon mehrfach erwähnt, dass wir bei den Juristen quasi eine Notenskala haben, die nach oben nicht erreicht werden kann. Alles ab 10 Punkte ist recht awesome und dort finden sich so 10-15% der Leute. Leistungen im Bereich 16, 17 oder 18 Punkten sind absolute Raritäten und in den Regionen kamen viele Dozenten nie und selbst Professoren hatten häufig keine Noten in diesen Regionen. In den meisten Klausuren findet sich daher in den Regionen auch keine Studenten, teilweise gibt es Klausuren dort sind nur 2 oder 3 Klausuren über 12 Punkte. Jedenfalls: Erreicht man diesen Bereich, hat man wirklich etwas beeindruckendes geschafft.
Ich bin ein überdurchschnittlicher Student. Es gibt selbstverständlich Ausrutscher nach unten, aber im Großen und Ganzen weiß ich was ich mache und lande schon meist in den oberen Bereichen. Mehr und mehr wird das aber wirklich ein Problem, da man deutlich den Neid und die Missgunst anderer erlebt. Wurde sich am Anfang noch gefreut, ist es teilweise wirklich schon angepisse. Das führt dazu, dass man sich im Studium eigentlich nur noch mit Leuten wirklich unterhalten kann, die selbst auf dem Niveau von einem sind.
Es wird einem teilweise schon übel genommen, wenn man ganz offen sagt, dass man nicht ums „Bestehen“ schreibt, sondern, dass man 10+ Punkte anzielt. Ich weiß auch nicht was die Leute erwarten? Soll ich so tun, als schreibe ich ums Bestehen? Für mich ist das Bestehen der Klausur eine Selbstverständlichkeit. Ich verstehe, dass es viele gibt die um jeden Punkt zittern müssen, aber es tut mir leid… Natürlich weiß ich, dass ich auch in einer Klausur durchfallen kann. Ich weiß aber auch, wenn ich durchfallen sollte, dann liegt es an einer Klausur die mir so gar nicht lag oder dass ich nen völligen Blackout hatte. Ich kann den Stoff zum Klausurzeitpunkt nun mal.
Ich nehme es auch niemanden übel, wenn er sagt er hat nicht so wirklich Bock auf Jura und macht nur das Minimum und probiert sich durch die Klausuren zu retten… Ist sein Bier. Vor allem ist eine gute Note in Jura zu 50% Fleiß, 33% Glück und höchstens 17% Talent. Klar gibts Leute die einfach nicht die geistige Leistung für ein Jurastudium aufbringen können, aber wir lernen keine Raketenwissenschaft. Wer gut in Jura ist, der hat einfach viel gelesen, viel gelernt und viel geübt. Die „Leistung“ im Jurastudium und auch in der Praxis, ist das Verbinden seines Wissens. In der Schule wurde das immer „Transferleistung“ genannt. Wer viel Wissen parat hat und die Grundstrukturen verstanden hat, der ist ein guter Jurist (auf dem Papier).
Warum gibt es hier also überhaupt Potential für Neid und Missgunst? Ich verstehe es wirklich nicht. Neid und Missgunst gründet doch darauf, dass man das Gefühl hat, dass jemand etwas hat, was er nicht verdient hat. Die Leute die aber gut in Klausuren abschneiden, sind das gesamte Semester über überdurchschnittlich. Wir haben in Kleingruppen (10-20 Leute) Veranstaltungen mit Dozenten. Als Dozenten haben wir entweder wissenschaftliche Mitarbeiter (Die das 1. Staatsexamen abgeschlossen haben) oder Praktiker. Die Dozenten müssen in der Regel 9 Punkte oder besser in ihrem Examen gehabt haben. Das heißt: Wer 10+ Punkte anstrebt muss eigentlich über dem Niveau der Dozenten liegen. Der Dozent schaut sich den Stoff kurz vorher an, wir lernen ihn aktiv. Klar hier und da hat ein Dozent Vorteile weil er einfach mehr Erfahrung hat und vieles in Jura kommt einfach mit der Zeit. Trotzdem sollten die guten Studenten in einem Kurs ihren Dozenten überlegen sein. Das liegt einfach in der Natur unserer Wissenschaft.
Trotzdem saß ich teilweise in Kleingruppen, wo es einfach ein Trauerspiel war. Meistens haben 75% einfach ne komplette Arbeitsverweigerung vorgenommen. Sie hockten auf ihren Stühlen und beteiligten sich einfach nicht. Bei den meisten musste man das Gefühl haben, dass sie dem Inhalt gar nicht folgen können, weil sie vollkommen unvorbereitet sind. Dazu kommt dann, dass wenn man wirklich mal ein wirklich komplexes Thema hat, die Leute völlig aussteigen. Es geht sogar soweit, dass man mit vielen gar keine Fachgespräche führen kann, weil ihnen die absoluten Basics fehlen. Ich sag es einfach mal ganz deutlich: Von 80% meiner Kommilitonen möchte ich mich nicht vor Gericht vertreten lassen.
Im Endeffekt ist es mir aber egal. Ich messe mich auch nicht mit den anderen. Klar schaue ich in der Notenskala wie ich ungefähr im Vergleich zu den anderen bin, trotzdem habe ich lieber 14 Punkte und 3 Leute vor mir, als 11 Punkte und nur einer vor mir. Andere scheinen sich aber permanent Messen zu wollen und zwar die eher schwachen Kandidaten. Aber warum? Ich würde nie auf die Idee kommen einem eine bessere Note zu neiden. Warum auch? Ich weiß doch, wenn seine Note schlechter wäre, dann wäre meine nicht besser. Ich messe meine Leistung absolut und nicht relativ und halte auch nur das für vernünftig.
Teilweise trägt es soweit Früchte, dass man mich schon komisch anschaut, weil ich gerne gute Noten haben will. Klar kann ich mir dafür nichts kaufen, aber ich halte es für selbstverständlich, dass wenn ich etwas mache, ich es auch so gut mache wie ich es kann. Ich habe mich bei meiner Studienwahl auf etwas spezialisiert und möchte dann da auch mein Maximum erreichen. Dazu kommt, dass ich irgendwann mal vor Gericht stehe und ich dort eine ordentliche Leistung abliefern will. Sei es als Staatsanwalt für den Staat, als Richter für alle Beteiligten oder als Anwalt für meinen Mandanten. Ich finde es eine fürchterliche Vorstellung, dass ich mal einen Job nachgehen würde, in dem ich nicht mein Maximum geben würde…
Ich möchte einfach mal ein konkretes Beispiel nennen, was mich auch zu diesem Blogpost bewegt hat. Ich habe in einer Klausur 7 Punkte bekommen, in der ich mir einfach mehr erhofft hatte. Ich konnte den Stoff, ich bin allgemein recht gut in Strafrecht und die Klausur lag mir auch. Die 7 Punkte sind für mich „okay“ als Leistung, aber für mich persönlich einfach zu wenig. Ich erwarte da einfach von mir mehr, da tröstet es mich auch nicht, dass die Durchfallquote 38% war und der Schnitt bei 4,8 lag. Jedenfalls war heute die Klausurbesprechung und ich bekam meine Klausur wieder. Ich habe die Musterlösung quasi vollständig getroffen und der Korrektur hat fast nur lobende Worte. Die Korrekturanmerkungen decken sich einfach nicht mit der Endnote. Ich zeigte die Klausur der wissenschaftlichen Mitarbeiterin die die Klausurbesprechung machte und sie meinte nach nem kurzen Durchblätter, ich solle Remonstrieren (dem Prof die Klausur zurückgeben, damit er sie persönlich korrigiert), da es nicht wirklich ersichtlich ist, warum bei so wenig Kritik eine so tiefe Note abgeliefert wurde.
Da waren nun um mich rum Leute, die tatsächlich fragten, warum ich gegebenenfalls Remonstrieren möchte, denn ich hätte ja bestanden? Das Lustige ist, teilweise wurde es sogar von Leuten gesagt die mehr Punkte als ich hatten. Anscheinend wird gar nicht verstanden, dass es mir nicht um das Bestehen geht, sondern auch darum, dass ich eine Note erhalte, die meiner Leistung angemessen ist. Ich kann schwer einschätzen ob das nun 7 Punkte oder mehr sind, muss ich ehrlich sagen. Ich persönlich finde meine Leistung auch rückblickend ordentlich, aber man kann sich ja kaum selbst beurteilen. Sollte ich die Klausur zurückbekommen mit dem Hinweis es sind 7 Punkte kann ich damit leben.
Im Endeffekt weiß ich gar nicht mehr warum ich den Post schreibe… Aber wahrscheinlich muss ich einfach nur mal meinem Unverständnis etwas Luft machen. Es gibt nichts worauf man wirklich neidisch sein kann… Ich hab die besseren Noten, weil ich mehr Zeit in das Studium stecke als der Durchschnitt. Das ist das Geheimnis. Wie jemand der nur die halbe Zeit aufbringt dann neidisch auf meine Noten sein kann, ist mir ein absolutes Rätsel. Würde ich so wenig machen wie er, hätte ich vermutlich auch seine Note… Würde er soviel lernen wie ich, hätte er vermutlich auch meine Note. Absolut kein Grund neidisch zu sein.
Das Gegenstück ist dann ja übrigens, dass man es schon als arrogant bezeichnet, wenn man sich freut, wenn man die beste Note im Semester hat. So oder so… Es führt im Endeffekt zu einer Abspaltung. Ich hatte viel mit durchschnittlichen oder schwächeren Studenten zu tun, teilweise auch welche die mittlerweile abgebrochen haben und habe immer gerne geholfen. Mittlerweile ist es aber teilweise einfach nur noch ermüdend, weil man mit den Leuten gar nicht mehr reden kann. Es ist einfach viel entspannter mit Leuten über das Studium zu sprechen, die selbst zu den besseren Studenten gehören. Damit grenzt man sich aber ins Elitäre ab, was ich eigentlich gar nicht will. Es gibt wirklich einige Ausnahmen, die selbst nicht viel im Studium erreichen (weil sie faule Säcke sind und das auch wissen!), aber sich für einen freuen, wenn man gute Noten hat. Aber vor allem bei Mädels scheint dies nicht möglich zu sein.
Zum Glück wisst ihr ja alle, dass ich gar nicht arrogant bin, sondern total awesome, lieb und nett! Danke fürs zuhören!